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Business Angels Panel IV/2004: Laune der privaten Wagnisfinanzierer sinkt – viele Gründer gehen bei der Kapitalsuche leer aus
Weil es an Anschlussfinanzierungen durch Venture Capitalists fehlt, stecken etliche Business Angels den Kopf in den Sand. Andere bauen auf einen Konjunkturaufschwung. Sie erwarten vermehrt den Einstieg von etablierten Unternehmen in Start-ups. Das beliebteste Investitionsziel der himmlischen Geldgeber bleiben Neue Materialien. Ergebnisse einer VDI nachrichten-Umfrage.
Private Wagnisfinanzierer in Deutschland waren mit ihrer
Geschäftslage im 4. Quartal 2004 weniger zufrieden als im Rest des
Jahres. Im Rahmen des Business Angels Panels vergaben sie auf einer
Skala von 1 (=sehr schlecht) bis 7 (=sehr gut) durchschnittlich 4,4
Punkte. In den zwei Vorquartalen hatte es noch zum Rekordwert von 4,7
Punkten gereicht. Weiter eingetrübt hat sich auch die Beurteilung der
Geschäftsaussichten. Anfang 2004 wurde der Panel-Rekordwert mit 5,4
Punkten markiert. Danach ging es nur noch bergab. Am Jahresende
vergaben die insgesamt 25 Teilnehmer nur noch durchschnittlich 4,8
Punkte. Fast jeder zehnte (8 %) bezeichnete die Perspektiven als "sehr
schlecht" - mehr als je zuvor. Das Panel besteht seit Anfang 2002.
Nicht alle Befragten mögen in den Abgesang des Aufschwungs einstimmen.
"Mir ist die negative Grundstimmung schleierhaft", erklärt etwa Tobias
Kollmann, aktiver Gründungsförderer aus Kiel. "In meinen Augen stehen
die Zeichen eindeutig auf Wachstum. Gerade erst habe ich mich an zwei
viel versprechenden Start-ups beteiligt." Auch Privatinvestor Holger
Morbitzer gibt sich optimistisch. "Die Lage ist gut. Sie kann kaum
besser werden." Der Kölner hat aber einen Verdacht: "Immer mehr
Business Angels lassen die Flügel hängen, weil es an Folgefinanzierern
fehlt. Die institutionellen Wagniskapitalgeber halten sich aus der
Frühphase fast komplett raus." Die jüngsten Zahlen des Venture Capital
Panels, einer Initiative des Münchener Beratungsunternehmens Mackewicz
& Partner und der VDI nachrichten, belegen dies. Demnach wurden im
4. Quartal 2004 lediglich drei Unternehmen in Deutschland erstmals mit
VC ausgestattet.
Morbitzer hofft unterdessen auf Trade Sales, also den Verkauf von
Beteiligungen an strategische Investoren. "In vielen Konzernen, aber
auch im Mittelstand, ist der konjunkturell bedingte Gewinneinbruch
gestoppt. Das Wachstum zieht an. Dieser Wechsel des Vorzeichens lässt
Expansionsphantasien blühen. Etliche Unternehmen denken schon über den
Zukauf von Know-how oder Technologien nach."
Und tatsächlich: Zwei Trade Sales konnten die Teilnehmer des Business
Angels Panels vermelden - mehr gab es nur in den ersten beiden
Quartalen des Jahres 2002. Außerdem gab es einen Buy-Back - die Gründer
kauften die Anteile vom Investor zurück. Ein Secondary Purchase wurde
ebenfalls gemeldet. Dabei werden die Anteile an einen weiteren Investor
verkauft. Nur zwei der insgesamt sechs Exits verliefen blutig, also in
Form einer Abschreibung. Die entsprechende Quote lag in den
Vorquartalen meist deutlich darüber.
Positiv entwickelte sich auch die Anzahl der an die Business Angels
adressierten Geschäftspläne. An jeden Panel-Teilnehmer wurden
durchschnittlich 12,4 Pläne mit der Bitte um Prüfung übergeben - soviel
wie seit Anfang 2003 nicht mehr. Auch die Zahl der geführten
Beteiligungsgespräche stieg kräftig. Genutzt hat es den Gründern aber
nicht: Neue Beteiligungen gab es deutlich weniger als zuletzt. Jeder
Engel ging rein rechnerisch nur 0,29 Engagements ein. Damit wurde die
Quote vom Vorquartal fast halbiert. Morbitzer erklärt diesen
scheinbaren Widerspruch: "In ihrer Verzweiflung schicken einige Gründer
ihre Pläne wieder auf breiter Front raus. Viele werden beim Empfänger
sofort aussortiert. Die wenigen, wirklich interessanten Teams müssen
öfter vorsprechen. Und während dieser Verhandlungen geht kein Investor
neue Deals ein."
Kapital für neue Engagements gäbe es noch reichlich. Erst gut 60 % des
für Angel-Investments vorgesehenen Kapitals ist gebunden. Diese Quote
ist seit langem relativ konstant. Viele Abflüsse hat es nicht gegeben.
Der durchschnittlich pro Engel investierte Betrag erreichte mit knapp
156 000 Euro einen Jahrestiefstwert. Für Gründer in spe ebenfalls
ärgerlich: Deutlich mehr als die Hälfte der Mittel (57 %) flossen in
bereits bestehende Investments. So niedrig war die Lust auf neue
Abenteuer zuletzt im 3. Quartal 2003. Das durchschnittliche Portfolio
beinhaltet 4,27 Beteiligungen und ist damit nur geringfügig kleiner
geworden.
Alle Engagements der Panel-Teilnehmer sind Minderheitsbeteiligungen. In
65 % der Fälle hält der einzelne Engel weniger als 10 % vom
Gesamtunternehmen. Der entsprechende Anteil war nie höher. Der Trend
zur Syndizierung, also das Aufteilen einzelner Deals unter mehreren
Engeln, hält also an. 86 % aller Befragten sprachen sich
dementsprechend für eine Syndizierungsbörse aus. Auf einer solchen
Plattform, etwa organisiert vom Business Angels Netzwerk Deutschland
(BAND), könne der Know-how-Transfer besser organisiert und das Risiko
des Einzelnen minimiert werden. Nur 14 % lehnen eine entsprechende
Koordinierungsstelle ab. Eine Begründung dafür: "Ich syndiziere
ausschließlich mit persönlich Bekannten."
Für eine Exit-Börse sprechen sich zwei Drittel der Befragten aus. Eine
solche Zentralstelle für den Handel mit bestehenden Beteiligungen könne
eine gute Ergänzung zu vorhandenen Exitkanälen sein. Sie könne den
Zugang zu VCs verbessern und die Transparenz auf dem Markt erhöhen.
"Ich würde gerne an interessanten Deals von Kollegen partizipieren", so
ein Teilnehmer. Gegner einer Exit-Börse glauben nicht an eine große
Nachfrage seitens anderer Engel. "Außerdem sollten schlechte
Investments nicht an Kollegen abgegeben werden", erklärt ein Investor.
Beste Chancen auf himmlisches Kapital haben einmal mehr Anbieter von
Neuen Materialien. Extrem schwer dürften es hingegen Hersteller von
EDV-Hardware haben. Sie führen die schwarze Liste der ungeliebten
Branchen an. "Es gibt auf diesem Gebiet in Deutschland wenige
technische Innovationen, die derzeit ein attraktives Investment
versprechen", so Kollmann, Inhaber des Lehrstuhls für Electronic
Business an der Universität Kiel.
Stefan Asche (VDI nachrichten)